Die Schultermuskulatur spielt eine wichtige Rolle beim Krafttraining und hat maßgeblichen Einfluss auf die Stabilität und Beweglichkeit des Schultergelenks. Ein spezifischer Bereich dieser Muskelgruppe, auf welchen häufig Augenmerk gelegt wird, ist die vordere Schultermuskulatur. Somit wollen wir uns hier in diesem Artikel damit beschäftigen, ob ein zusätzliches, isoliertes Training von diesem Muskelbereich überhaupt nötig ist.

 Inhaltsverzeichnis

Anatomie der Schultermuskulatur

Die Schultermuskulatur ist eine wichtige Muskelgruppe, die aus 3 Muskelbereichen besteht und für die Stabilität und Beweglichkeit des Schultergelenks von großer Bedeutung ist. Zu den 3 Muskelbereichen der Schultermuskulatur gehören die hintere Schultermuskulatur (posterior deltoid), die mittlere Schultermuskulatur (middle deltoid) und die vordere Schultermuskulatur (anterior deltoid).

Nachfolgend einmal eine Grafik mit allen 3 Bereichen der Schultermuskulatur.

Um eine ausgewogene Entwicklung und optimale Funktion der Schultern zu gewährleisten, empfiehlt es sich, einen ganzheitlichen Trainingsansatz zu verfolgen, der alle 3 Bereiche der Schultermuskulatur in einem ausgewogenen Verhältnis trainiert. Durch ein gezieltes Krafttraining aller 3 Muskelbereiche kann die Schultermuskulatur insgesamt stabilisiert und gestärkt werden, was auch zu einer Verringerung des Verletzungsrisikos führt.

Funktionen der Schultermuskulatur

Hier nachfolgend einmal eine Tabelle mit den Funktionen der 3 Muskelbereiche der Schultermuskulatur.

Muskelgruppe Hauptfunktion
hintere Schultermuskulatur (posterior deltoid)
  • Retroversion (Oberarm nach hinten führen)
mittlere Schultermuskulatur (middle deltoid)
  • Abduktion (Oberarm zur Seite führen)
vordere Schultermuskulatur (anterior deltoid)
  • Anteversion (Oberarm nach vorne führen)

Die hintere Schultermuskulatur, auch als posterior deltoid bezeichnet, ist für das Zurückziehen und die Stabilität der Schulter verantwortlich. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei allen Übungen für den Rückenbereich bzw. bei allen Zugbewegungen. Die hintere Schultermuskulatur ist der Gegenspieler zur vorderen Schultermuskulatur.

Die mittlere Schultermuskulatur, auch als middle deltoid bekannt, unterstützt die seitliche Abduktion der Schulter und ist wichtig für seitliche Schulterbewegungen. Sie wird oft durch Übungen wie Schulterdrücken und das Seitheben mit Kurzhanteln gezielt trainiert und trägt zur ästhetischen Form der Schultern bei.

Die vordere Schultermuskulatur, auch als anterior deltoid bezeichnet, ist für die Anteversion (Oberarm nach vorne führen) verantwortlich und spielt eine entscheidende Rolle bei Druckübungen wie dem Bankdrücken.

Es ist wichtig, alle 3 Bereiche der Schultermuskulatur in einem ausgeglichenem Verhältnis zu trainieren, um mögliche muskuläre Dysbalancen zu vermeiden und die Schulterstabilität damit zu gewährleisten.

Training der Schultermuskulatur

Damit du dein Schultertraining in einem passenden und ausgewogenem Verhältnis gestalten kannst, solltest du auch beachten, dass diese 3 Bereiche der Schultermuskulatur nicht nur beim Schultertraining selbst trainiert werden. Bei vielen Übungen für den Oberkörper, die eigentlich primär andere Muskelbereiche beanspruchen sollen, wird die Schultermuskulatur automatisch mittrainiert.

Wenn du in irgendeiner Form deinen Oberarm beim Krafttraining bewegst, dann wird in der Regel auch immer ein Bereich deiner Schultermuskulatur mitaktiviert – selbst beim Bizeps- oder Trizepstraining. Beispielsweise bei den normalen Langhantel-Curls im Stehen. Dabei wird sogar relativ stark der vordere Anteil der Schultermuskulatur trainiert. Genauso ist es beim engen Bankdrücken für den Trizpes. Auch hier entsteht eine starke Beanspruchung des vorderen Anteils der Schultermuskulatur. Beim Brusttraining, wie zum Beispiel dem Bankdrücken, wird auch die vordere Schultermuskulatur sehr stark beansprucht.

Auch beim regulären Schultertraining wird der vordere Bereich der Schulter bei den meisten Übungen am stärksten mittrainiert. Der seitliche Teil der Schultermuskulatur wird auch bei vielen Übungen beansprucht, allerdings nicht so intensiv und häufig wie der vordere Anteil. Der hintere Anteil der Schultermuskulatur, welcher den Gegenspieler zum vorderen Anteil darstellt, kommt dabei häufig viel zu kurz bzw. wird zu wenig trainiert.

Aus dieser Erkenntnis heraus lässt sich ableiten, dass der vordere Teil der Schultermuskulatur im Verhältnis zu den anderen Teilen zu stark trainiert wird. Dies führt zu einem unausgeglichenem Muskelwachstum an der Schulter, was sich langfristig in einer falschen Schulterhaltung widerspeigelt. Das macht sich dann unter anderem daran bemerkbar, dass die Schultern bei diesen Personen etwas nach vorne hängen.

Die nach vorne hängenden Schulter sind allerdings nicht nur auf ein zu häufiges Training der vorderen Schulter zurückzuführen. Insgesamt trägt ein zu starker Fokus auf das Brusttraining, ein zu geringer Fokus auf das Rückentraining und ein zu seltenes Training der hinteren Schultermuskulatur stark zu den nach vorne hängenden Schultern bei. Gerade ein zu häufiges Training der Brustmuskulatur hat hier einen wesentlichen Einfluss, weil sich der Ansatz des Brustmuskels am Humerus (Oberarm-Knochen) befindet. Wenn du deine Brust zu stark trainierst, dann wird der Oberarm-Knochen durch deinen Brustmuskel nach vorne gezogen, was dann zur Folge hat, dass du die nach vorne hängenden Schultern bekommst.

In der Regel gibt es keine Person, die eine zu schwach entwickelte vordere Schultermuskulatur hat. Eher im Gegenteil. Sehr viele Personen, wenn du dich mal im Fitnessstudio umschaust, haben die eben beschriebenen nach vorne hängenden Schultern und somit einen insgesamt zu stark trainierten vorderen Bereich bzw. einen viel zu schwach trainierten hinteren Bereich der Schultermuskulatur. Somit solltest du generell keinen spezifischen Fokus auf deine vordere Schulter legen. Diese wird automatisch beim Krafttraining in einem mehr als ausreichendem Maß trainiert.

Es ist wichtig, stets darauf zu achten, dass dein Körper eine muskuläre Balance aufrechterhält, da andernfalls langfristig Haltungsprobleme, Gelenkbeschwerden und Schmerzen in den entsprechenden Bereichen auftreten können.

So gut wie alle Übungen, die den vorderen Anteil deiner Schultermuskulatur fokussiert trainieren, solltest aus deinem Trainingsplan fast komplett streichen. Zumindest solltest du diese ans Ende von deinem Schultertraining legen und hauptsächlich mit Übungen starten, die deine Schultermuskulatur gesamtheitlich trainieren oder einen Fokus auf den hinteren Bereich haben.

Beispielweise Übungen wie zum Beispiel eine Hantel-Scheibe in beide Hände nehmen und dann vor dem Körper nach rechts und links drehen. Diese Übung ist im Allgemeinen sehr schlecht und macht auch keinen Sinn, wenn wir die eben besprochenen Punkte berücksichtigen. Solch eine Übung solltest du aus deinem Trainingsprogramm komplett entfernen.

Lege also deinen Fokus auf Übungen für den mittleren und vor allem hinteren Anteil deiner Schultermuskulatur. Welche das sind, erfährst du im nachfolgendem Abschnitt dieses Artikels.

Effektive Übungen für die Schultermuskulatur

Nachfolgend findest du eine Auswahl an effektiven Schulter-Übungen, die in keinem Trainingsplan fehlen sollten. Durch ein regelmäßiges Training mit diesen Übungen kannst du die Stabilität deiner Schultern verbessern, Verletzungen vorbeugen und gleichzeitig eine ästhetische und starke Schulterpartie aufbauen.

Effektive Übungen für die Schultermuskulatur:

  • Schulterdrücken (mit Kurz- oder Langhantel)
  • Seitheben (am Seilzug oder mit Kurzhanteln)
  • Aufrechtes Rudern (am Seilzug, mit SZ-Stange oder Langhantel)
  • Fliegende reverse mit vorgebeugtem Körper
  • Cable cross reverse (von oben und von unten)
  • Shrugs mit Lang- oder Kurzhanteln (eher für die Nackenmuskulatur, aber auch wichtig)

Ein ausgewogenes Schultertraining ist unerlässlich, um einen kräftigen und gesunden Schulterbereich zu entwickeln. Durch eine regelmäßige Durchführung dieser Übungen kannst du die Stabilität deiner Schultermuskulatur deutlich verbessern und insgesamt eine gesunde und ästhetische Körperhaltung fördern.